Gemeinschaft

Der kurze Sommer der Anarchie

In der »Republik Freies Wendland« wurden vor 40 Jahren Utopien erprobt.
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© GÜNTER ZINT/PANFOTO

Die Platzbesetzung am 3. Mai 1980 auf der Bohrstelle 1004 des geplanten Atommülllagers im Wendland war mehr als nur eine Anti-Atom-Aktion. Es war das Aufleuchten einer Vision:
33 Tage lang haben wir damals quasi in der Zukunft gewohnt.
Fast 700 Menschen lebten ständig auf dem Platz, dazu zahllose Wochenendgäste und Unterstützende aus der Region. Sie solidarisierten sich mit uns, brachten Lebensmittel, Materialien und Werkzeug vorbei. Es entstanden über 100 Hütten mit Gemüse­beeten, Hühnern, Windrädern und einem großen Freundschaftshaus. Der freie »Wendenpass« wurde am Eingang ausgestellt und war »gültig, solange sein Inhaber noch lachen kann«. Die kürzlich verstorbene Veteranin und Köchin des Widerstands, Lilo Wollny, schilderte die Atmosphäre so: »Auf dem Platz hatte ich andauernd das Gefühl, ich muss die Leute in den Arm nehmen – und ich hab das auch gemacht.« Nach der Räumung schrieb der ­Gewerkschafter und Mitbesetzer Heinz Brandt: »Das Anti-Atom-Dorf war nicht allein gegen die tödliche Atomenergie gerichtet, sondern war Symbol neuer Lebensweisen überhaupt.«

Die Vorgeschichte
1977 war mein erster Sommer in Gorleben gewesen. Damals hatte ich bereits in Brokdorf, Grohnde und Itzehoe demonstriert, hatte eine Gasmaske, schnittfeste Handschuhe, Werkzeug und einen Helm gekauft und damit an den Bauzäunen der AKWs gerüttelt. Doch alle wussten, dass die entscheidende Auseinandersetzung in Gorleben um das »Nukleare Entsorgungszentrum« stattfinden würde. Jetzt war ich hier, im Zentrum des Orkans. Und es war sehr still.
Das verschlafene Dorf Gartow, im äußersten östlichen Zipfel der damaligen Bundesrepublik Deutschland gelegen, war mein Anlaufpunkt. Hier fand das erste Sommercamp statt. Die Bürgersteige waren sozusagen hochgeklappt, Kurparkatmosphäre war angesagt. Das revolutionäre Volk begegnete mir zuerst in der Person des Optikers. Er war unser Ansprechpartner von der Bürgerinitiative und begrüßte mich wie einen Würdenträger, denn: »Wir gehören ja nun zur gemeinsamen Sache«. Meine langen Haare und meine schmuddelige Lederjacke schienen dem nicht entgegenzustehen. Es ist diese herzliche Begegnung mit der Normalität, die bis heute mein Herz erwärmt. Wir saßen in den Versammlungen der Bürgerinitiative, halfen den Bauern auf ihren Höfen und durften etwas handwerkeln in der Zimmerei. Es war die Ruhe vor dem Sturm.
Während des Camps fuhr ich mit einigen Freunden nach Malville in Frankreich, wo das AKW »­Superphénix« vom Typ Schnelle Brüter gebaut wurde. Die Demonstration vom 31. Juli 1977 mit über 60 000 Menschen wurde später der »Kreuzzug nach Malville« genannt. Tatsächlich hatte er etwas Fanatisches an sich. Er bildete den Höhepunkt und zugleich das Ende der Proteste in Frankreich. Er führte die dortige Anti-Atom-Bewegung in eine Sackgasse und sollte mein eigenes Leben verändern. Es war der Tag, an dem Vital Michalon an den Auswirkungen einer Offensivgranate der paramiltärischen CRS-Polizei starb; auch viele andere Demon­s­trantinnen und Polizisten wurden schwer verletzt. Dies war nun kein Spiel mehr. Wir beschlossen in unserer kleinen Bezugsgruppe den Rückzug und kämpften uns gegen den Strom der Demonstrantinnen und Demons­tranten, schauten in verschlossene, zweifelnde, weinende Gesichter – bis endlich der gesamte Strom umkehrte und zurückdrängte. Im Zeltlager war uns elend zumute, wir versuchten zu begreifen. Ein Toter! Ein Sieg der Gewaltfreiheit? Ein Triumph der Bewegung des Lebens über die Todesindustrie? Doch so fühlt sich kein Tag des Sieges an. Der erste Märtyrer der Anti-Atom-Bewegung – er wirkte wie ein einkalkuliertes Opfer. Damals schwor ich mir, alles zu versuchen, um so etwas wie eine »Schlacht um Gorleben« zu verhindern. Ich kam dann zurück ins Sommerlager nach Gorleben wie ein Flüchtling, der eine Heimat sucht.
Ende 1977 gründeten wir die ersten »Freundeskreise der Bürgerinitiative Lüchow-­Dannenberg«. Sie sollten die Basis des bundesweiten Widerstands werden – aufgebaut auf Re­spekt und gegenseitiger Hilfe, ein Bindeglied zwischen Fremden und Einheimischen. 1977 waren die Anti-Atom-Demonstrationen in Deutschland zunehmend gewalttätig geworden, und der Staat hatte aufgerüstet. Es war der Höhepunkt des Kampfs gegen den Terrorismus der RAF. Die gesellschaftliche Stimmung insgesamt war aufgeladen. Vor diesem Hintergrund musste die Anti-Atom-Bewegung agieren. Der erste große Erfolg des Widerstands war der »Gorleben-Treck«. Im März 1979 berichtete ich für die »taz« – immer nach einer Telefonzelle suchend, um meine Texte durchgeben zu können – über den Zug von anfänglich 3600 einheimischen Menschen und 150 Treckern auf ihrem Weg von Gorleben nach Hannover. In allen Dörfern, die wir passierten, gab es freundliche Unterstützung. Da fühlten wir uns schon wie Fische im Wasser, wie Teil eines friedlichen Volksaufstands. Der Zukunftsforscher Robert Jungk sagte in seiner Rede in Hannover vor 100 000 Menschen: »Das, was heute hier stattgefunden hat, ist meiner Meinung nach ein Wendepunkt in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik. Man hat immer davon gesprochen ›Wir brauchen mehr Demokratie‹ – das hier ist mehr Demokratie!«
 

Platzbesetzung
1980 schrieb ich mit meinem Freund Gerd Panzer das Buch »Zwischen Gorleben und Stadtleben«. Ein paar Zitate zeigen die Lage im Originalton:

3. Mai 1980
Wie aus dem großen Zauberhut der Bewegung schlüpfte am 3. Mai 1980 die »Republik Freies Wendland« […], doch ohne die vorangehenden drei Jahre Widerstand im Wendland und insbesondere ohne die Überwindung des Misstrauens vor den »Auswärtigen« hätte es keine Platzbesetzung gegeben. Auch an dem großen Tag der friedlichen Besetzung war der einheimische Wider­stand vorsichtshalber meist zu Hause geblieben. Doch wir hatten Glück, kein grünes Männlein weit und breit. Der Polizeisprecher ließ über Radio die Nachricht verbreiten, einen Spaziergang im Wald könne er nicht verbieten. Gemeinsam erlebten wir die 33 Tage des Sommers der Anarchie der Freien Republik Wendland und lebten den »Traum von einer Sache« [so hieß später der Film der wendländischen Filmkooperative].
»Lasst uns aus all unseren verschiedenen Meinungen und Einstellungen einen Brei kochen, und ihr werdet sehen, der wird den Herren schlecht bekommen und die Haare zu Berge stehen lassen ®[…] Jede Feindschaft zwischen uns ist den Mächtigen eine Delikatesse, jeder Konflikt eine Hoffnung, jeder ausgetragene Konflikt aber ein Greuel. Ich freue mich riesig darüber, die Stadtindianer immer noch hier zu sehen. Wir haben miteinander gekämpft, fast mit Fäusten – das erste Greuelgericht ist fertig: Wir brauen es zusammen – das Völkergemisch der Freien Republik Wendland.«
So begrüßte uns Waltraud von den Gorleben-Frauen, und dann ergießen sich 5000 Menschen ungehindert, schwerelos wie im Traum auf den sandigen Platz, lassen ein buntes Gewirr von Zelten und ersten Hütten entstehen. Auf dem kleinen Hügel steht einsam der Dorfplan. Auf ihm ist eingezeichnet, wie sich einige aus unserem Kernteam das Dorf vorstellen: Immer drei Häuser ergeben einen Innenhof, Gebiete für Zelte und Werkstätten sind markiert. Doch stattdessen grassiert auf dem Platz das wilde, befreite Baufieber.
Auf der ersten Sitzung des Sprecherrates (unserem Parlament) sagt die Wendländerin Rebecca Harms [später langjährige Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament]: »Wir meinen, dass dieser Platz auch für die Leute von den Dörfern attraktiv und schön sein muss, aber bisher ist das noch nicht das Dorf, wie wir es uns gewünscht haben.« Unter Beifall wird dem entgegnet: »Du sollst ja auch nicht drin wohnen – die müssen den Leuten gefallen, die drin wohnen! Grundsätzlich finde ich, dass es in diesem Scheißland endlich mal Zeit wird, dass jeder sein Haus baut, wie er will! Bald kriegen wir dann auch noch eine Dorfpolizei, oder was!?«.
 Dieses Dorf der tausend Improvisationen war es, das viele Besucher faszinierte und sie unseren »Fleiß« und unser »Können« loben ließ. Anarchie ist machbar, Herr Nachbar! Selbst der Polizeisprecher Meyer meinte: »Einen Tag würde ich so schon mal gerne leben – aber auf Dauer geben darf es so etwas nicht!«

4.Juni 1980
Bei der Räumung am Morgen stehen und sitzen den rund 10 000 anrückenden Polizisten und Grenzschützern etwa 4 000 Atomkraftgegner gegenüber. Die Staatsmacht zieht ein Bürgerkriegsmanöver auf, mit ständig startenden, landenden und im Tiefflug über die Hütten donnernden Hubschraubern. Polizisten zerren demonstrierende Männer und Frauen aus der Menge und laden sie auf der anderen Seite der Absperrungen wieder ab.
Truppen marschieren auf, greifen zu, schleppen, prügeln uns aus unserem Dorf. Wir haben dort gelebt. Maschinen wälzen unsere Häuser nieder. Wir haben in ihnen gewohnt. Die Greifarme der Maschinenmenschen zerren uns weg. Wir haben in der Zukunft gewohnt. Tag für Tag. Unerbittliche Räderwerke drehen die Zeit zurück, zermalmen unsere Wirklichkeit. Unsere Häuser zerbersten, zerfallen in den Traum, aus dem sie entstanden sind. Aus dem sie wieder entstehen werden.
 Nachdem sie das erste Dorf der Republik Freies Wendland niedergemacht haben, werden unzählige entstehen. Sie werden entstehen auf sandigem Boden und aus Holz, sie werden entstehen zwischen Feldern aus Stein, oder sie stehen schon, ohne es zu wissen. Sie werden aus der Idee der »Träumer und Pfadfinder« von 1004 (Innenminister Möcklinghof) eine Realität machen.


Die Vision der Republik Freies Wendland war anarchistisch im besten Sinn. Das Widerstandskonzept wurde neben den Gorleben-Freundeskreisen bundesweit stark vom Netzwerk der anarchistisch-gewaltfreien Aktionsgruppen der Zeitung »graswurzelrevolution« getragen. Auf der Seite der Einheimischen gab es ein starkes Regionalbewusstsein, schon aufgrund der jahrzehntelangen Abgeschiedenheit. So stand hinter dem Gorleben-Widerstand unausgesprochen ein dezentral-utopisches Gesellschaftsbild. Es ging um regionale Selbstbestimmung, die letztlich sogar dazu führte, dass die militanten Städter gezwungen waren, sich dem regionalen Widerstand unterzuordnen. In unserem Buch schrieben wir weiter:

Wir wollen zeigen, dass die Republik Freies Wendland keine Spinnerei ist, sondern das Eintreten für eine weltweit notwendige Utopie. Sie wird eine von vielen Regionen sein, jede einmalig und weitgehend unabhängig. Und jede damit unverletzlicher gegenüber Angriffen, wie sie die Atompläne im Wendland, die Indus­trialisierung aller menschlichen Beziehungen und natürlichen Räume, die Ausbeutung der Dritten Welt heute darstellen. Global brauchen wir lokale Selbstversorgungseinheiten, die so unabhängig sind, dass überall auf der Welt und gerade in den Industrienationen alle notwendigen Rohstoffe und Lebensmittel vorhanden sind, die Ausbeutung der Dritten Welt aufhört und alle Menschen mit ihren Existenzmitteln auch ihre Selbstbestimmung wiedergewinnen. Ökologisch brauchen wir technische und wirtschaftliche Kreisläufe, die so kurz sind, dass wir unsere Abhängigkeit vom natürlichen Gleichgewicht direkt erfahren und die Folgen unserer Eingriffe ausgleichen können. Sozial brauchen wir Gemeinschaften, die so klein sind, dass wir Menschen groß genug sind, sie zu beeinflussen. Um Frieden zu schaffen, brauchen wir eine Abrüstung der gesellschaftlichen Großstrukturen, damit die Konflikte so nah und so begrenzt sind, dass sie untereinander durch gewaltfreie Konfliktaustragung gelöst werden können.

Diesen gewaltfrei-anarchistischen Hintergrund haben wir dann pragmatisch und dialogisch umgesetzt. Im Folgenden versuche ich, die Elemente dieser Utopie, die als Gesamtvision nie explizit diskutiert und formuliert wurde, herauszukristallisieren:

1. vielfältige Bewegung  Es gab von Anfang an eine neue Stadt-Land-Verbindung. Die Gorleben-Freundschaftskreise aus den Städten schufen direkte Kontakte zu den Einheimischen. Die langjährige Vorsitzende der Bürgerinitiative, Marianne Fritzen, sagte später dazu: »Das Besondere an unserer Bewegung war, dass wir menschlich miteinander umgegangen sind.« So konnte ein gemeinsamer Widerstand entstehen, der auf gegenseitiger Achtung und Begegnung beruhte. Ein Überrennen der Bewohner durch militante Städterinnen und eine Großdemo als »Schlacht um Gorleben« konnten vermieden werden; durch respektvolle Kommunikation konnte eine echte Volksbewegung entstehen.

2. gemeinsame Ethik Über die Jahre gab es eine Verständigung über ein Widerstandskonzept, das zunächst dezentral und gewaltfrei an vielen Orten bundesweit umgesetzt wurde (»Gor­leben ist überall«). So konnte Vertrauen aufgebaut werden und der Widerstand in Gorleben sich langsam entwickeln. Die Ausrichtung auf Gewaltfreiheit bedeutete eine ethische Verbindlichkeit und hohe Symbolkraft als Lebensbewegung, die letztlich auch eine gemeinsame illegale Aktion wie die Platzbesetzung ermöglichte. Durch die Bereitschaft der Einheimischen, diesen Schritt zu tun, wurde auch von den Autonomen ihre Führungsrolle anerkannt und auf gewalttätige Aktionen verzichtet.

3. nicht-hierarchische Organisation Sowohl während der Platzbesetzung als auch im Leben auf dem Platz waren alle Beteiligten in kleinen Bezugsgruppen organisiert. So hatte jeder Mensch einen sozialen Rahmen, in dem er sich aufgehoben fühlen und sich beteiligen konnte. Besonders in der Vorbereitung auf die Räumung konnte so eine gemeinsame Sicherheit aufgebaut werden. Die jeweiligen Sprecherinnen der Bezugsgruppen trafen sich in unserem obersten Entscheidungsgremium, dem Sprecherrat. Hier wurde über alle wichtigen Themen geredet und versucht, einen Konsens zu erzielen, der wieder zurück in die Gruppen getragen wurde. Dieses Rätesystem bildete einen ständigen Kommunikationsfluss, so dass wir uns ohne eine feste »Regierung« selbst organisieren konnten.

4. gemeinschaftliches Leben Das Herz des Widerstands bestand über die Ablehnung der Atomindustrie hinaus in der Lust am gemeinschaftlichen Experiment. Wie soll unsere Hütte aussehen? Wie wollen wir dort zusammen leben? Wie teilen wir die Verantwortung auf? Viele Menschen machten zum ersten Mal die Erfahrung, wie es ist, das Leben selbst in die Hand zu nehmen – und zwar in allen Bereichen, vom Hausbau über die Konfliktlösung bis dazu, sich zu verlieben (oder sich in der Masse allein zu fühlen). Ein Dorf gemeinsam aufzubauen, bot jeder und jedem Einzelnen eine Fülle an Erfahrungen und Kontakten.                                                   

5. regionale Selbstbestimmung Neben der Gefahr der atomaren Verstrahlung durch AKW und ihren Müll ging es auch um die Gefahr eines zentralistischen Atomstaats. Demgegenüber wollten wir eine dezentrale Energiewende, die regionale Autonomie ermöglicht. Auf dem Platz schufen wir erste selbstgebaute Wind- und Solaranlagen sowie eine eigene Wasserversorgung. Schon im Oktober 1977 entstand der Aufruf »Gorleben soll leben«, in dem kleine Kreisläufe in allen Lebensbereichen – von der Landwirtschaft bis hin zu Kulturzentren – vorgeschlagen wurden. Damit standen sich der visionäre Regionalismus und der Technokratismus der Atombefürworter gegenüber.

6. soziale Aktionskunst Die Symbolik der Freien Republik Wendland schuf einen eigenen Pass, eine eigene Flagge, die Theatergruppe »Theaterwehr Brandheide«, die wendländische Filmkooperative, das Radio Freies Wendland sowie unzählige Lieder und Geschichten. Der spätere Pressesprecher Horst Ehmke sagte dazu: »Es war ein großes Theaterstück, das von fantasievollem Widerstand handelte. Schlagbaum und Pass sollten ein großer Spaß sein.«
Und es war mehr als das: Es war eine spielerische Utopie, die freilich mehr versprach, als sie einlösen konnte. Insofern war auch diese Utopie, scheinbar zum Greifen nah, ein Nicht-Ort. Wären wir nicht geräumt worden, wären wir uns bald auf die Nerven gegangen. Nur unsere hoch angespannten Sinne, die existenzielle Polarisierung von Tod und Leben sowie die drohende Räumung verhalfen uns zu dieser Euphorie. Es war ein Rauschzustand, der uns an eine höhere Seinsebene anschloss. Heinz Brandt sprach von einer Himmelsspiegelung: »die Fata Morgana einer Wirklichkeit, deren irdischer Ort erst auszumachen ist« (S. 9 in Günter Zints und Caroline Fetschers Buch, s. u.).
Schon während der Besetzung erwuchs in mir der Wunsch, so ein Dorf unter legalen Voraussetzungen aufzubauen. Ich habe ihn später mit dem Ökodorf Sieben Linden realisiert. Es ist ­jedoch eine vollkommen andere Erfahrung, statt im symbolischen Wider­stand täglich am Traum eines real existierenden Dorfs mit Langzeitperspektive zu arbeiten. Über solche »Nach-Rausch«-Erfahrungen möchte ich in der nächsten Ausgabe mit einer der Besetzerinnen des Hambacher Forsts sprechen.
Dieses eine Bild wird immer in mir sein: Während der Räumung steht neben mir Heinz Brandt, der die Gefängnisse der Nazis und der Kommunisten überlebt hat, und ruft allen zu: »Bei allem, was jetzt passieren wird, denkt daran, wir sind die Glücklichen! Wir haben hier gebaut und gepflanzt. Die Unglücklichen sind die in den weißen Helmen, die jetzt mit Knüppeln gegen uns losgehen sollen.« //


Die Republik Freies Wendland in den Medien
 Radiosendung: 
tinyurl.com/FreieRepublikWendlandRadio
»33 Tage Utopie« ist ein Dokumentarfilm über das Erinnern und das Ausgraben von Geschichten: wfko.de/filme/33tage-trailer
»Der Traum von einer Sache« ist ein Film von 1980. Er kann hier ausgeliehen werden.
Günter Zint, Caroline Fetscher: Republik Freies Wendland. Eine Dokumentation. Zweitausendeins, 1980.
 Dieter Halbach, Gerd Panzer: Zwischen Gorleben und Stadtleben. Erfahrungen aus drei Jahren Widerstand im Wendland und in dezentralen Aktionen. AHDE-Verlag, 1980

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