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Vom Ende der Welt (Buchbesprechung)

von Christina Stange, erschienen in Ausgabe #34/2015
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Eine Mischung zwischen Geschichtsschreibung, Wissenschaft und Science-Fiction ist der kurze Roman »Vom Ende der Welt – Chronik eines angekündigten Untergangs« der Geologin und Professorin für Wissenschaftsgeschichte Naomi Oreskes und des Wissenschafts- und Technikhistorikers Erik M. Conway.
Die beiden Autoren wählen die fiktionale Form für ihre Arbeit und beschreiben aus Sicht eines Historikers im Jahr 2393 den 300 Jahre zurückliegenden »großen Kollaps« der Erde. Der Protagonist widmet sich der Frage, warum die »damalige« Menschheit trotz ausreichender Informationen und Kenntnisse und trotz wissenschaftlich fundierter Warnungen die Katastrophe, die durch den vorausgesagten Klimawandel ausgelöst wurde, nicht verhindert hat.
Oreskes und Conway skizzieren ein plausibles Szenario, in dem das Ignorieren der Vorboten, die vor allem in den USA verbreitete Leugnung des Klima-wandels sowie die unbedachte Ausbeutung der Erde aus heutiger wissenschaftlicher Sicht münden könnte. In einem Nachtrag in Interviewform legen sie zudem Hintergründe über die Entstehung ihres Werks dar. Die Idee war, das Thema durch die Romanform auf eindringliche Weise einer breiteren Leserschicht nahezubringen und sich gleichzeitig so eng wie möglich an wissenschaftliche Fakten zu halten. Die beiden Autoren verknüpfen dafür Gesetze und politische Entscheidungen von heute zu einer Prognose möglicher Auswirkungen in der Zukunft – seien es Subventionen für konventionelle Energien, das Vorantreiben von Fracking, das gängige Spezialistentum, das eine ganzheitliche Einschätzung der Situation verhindert, das Konsumverhalten oder der Neoliberalismus, der keine staatlichen Eingriffe wagt, um nicht die Freiheit des Individuums einzuschränken. Die Folgen werden mit Dürren und Hungersnöten, Seuchen, Artensterben, dem Anstieg des Meeresspiegels, Umsiedlungen und der Auslöschung ganzer Kontinente sachlich, aber auch anschaulich beschrieben.
Die wissenschaftlichen Thesen sind überzeugend – wenngleich etwa die knappe Lösung durch Entwicklung einer CO2-umwandelnden Pilzflechte zur Erdrettung einfältig anmutet, so dass ich mir an mancher Stelle wünschte, die Betrachtungen aus der Zukunft hätten sich auf eine sachliche Fachstudie beschränkt. Zitiert der fiktive chinesische Historiker z. B. tatsächlich 400 Jahre alte Songzeilen von Leonhard Cohen als Beweis für frühzeitige Warnungen durch Künstler, wirkt das auf mich nicht nur skurril, sondern trotz aller guten Absicht doch etwas zu weit her­geholt.

 

Vom Ende der Welt
Chronik eines angekündigten Untergangs.
Naomi Oreskes, Erik M. Conway
oekom 2015, 128 Seiten
ISBN 978-3865817471
9,95 Euro

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