Titelthema

Stichwort »Allmende«

Eine Wort- und Bedeutungsrecherche für unsere Enzyklopädisten.

Die etymologische Bedeutung 1 des Worts Allmende 2 ist etwa »allen (Gemeindemitgliedern) (im Wechsel) zukommend« 3. Die älteste bekannte Form ist das althochdeutsche 4 (ala)gimeinida. Das althochdeutsche Wort ala 5 hat sich zu unserem heutigen Wort all entwickelt und bedeutet soviel wie »ganz; umfassend«. Das Wort gimeinida, das sich zu unserem heutigen Gemeinde entwickelt hat, ist eine Bildung zum althochdeutschen Eigenschaftswort gimeini »allgemein; gemeinsam; gemeinschaftlich; übereinstimmend; zugleich; bestimmt; zuteil geworden« und konnte in seiner mittelhochdeutschen Form gemeinde nebst den heutigen auch die Bedeutungen »gemeinschaftlicher Besitz; Anteil« annehmen. Das Wort gimeini nahm in seiner weiteren Entwicklung im mittelhochdeutschen gemein(e) auch die Bedeutungen »gewöhnlich; zur Masse gehörig; niedrig« und weiter bis zu unserem heutigen Wort gemein jene von »niedrig gesinnt; niederträchtig; hinterhältig; rücksichtslos; unanständig, unfein« an 6. Gemein und ­gimeini sind gebildet aus der Vorsilbe ge/gi, die vom Begriff des Zusammenseins, der Zusammengehörigkeit, der Vereinigung ausgehend verallgemeinert, und dem Wort mein/meini, das sprachwissenschaftlich auf eine indogermanische Wurzel mei/moino mit der Bedeutung »Wechsel; Tausch« zurückgeführt wird 7 und deshalb ursprünglich soviel wie »worin man sich abwechselt; was einem im Wechsel zukommt« bedeutet. Andere Bezeichnungen außerhalb des westoberdeutschen und insbesondere des alemannischen Sprachraums, in dem das Wort Allmende hauptsächlich im Schwange ist, sind Gemein 8, Gemain, Gemeinheit, Gemeinland, Gemeindeflur, Meinde, Mende, Meente, Meenmark, Gemeinmark/märk/merke, Gemeine Mark, Mark, Allermannsgut, Heingereide, Haingeraide, Heimgereide 9. Als amtliche und fachliche Bezeichnungen finden Verwendung: Allmendegut, Bürgergut, bürgerliches Nutzungsgut, Korporationsgut, Genossen(schafts)gut, Agrar­gemeinschaft.

In den meisten Wörterbüchern wird mit beigefügtem »früher« oder »archaisch« darauf hingewiesen, dass das Wort Allmende nicht mehr allgemein verstanden wird. Bereits im 1964 erschienenen »Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache« wird das Wort als »veraltet« bezeichnet.

Das Wort Allmende kann und konnte neben der heute noch vor allem bekannten Verwendung zur Bezeichnung gemeinschaftlich genutzter Weiden ebenso Wälder, Ödland bzw. Heide, Wiesen, Äcker, (Fisch-)Gewässer, Lehm- und Sandgruben, Steinbrüche oder Rebland in gemeinsamer Nutzung bezeichnen, aber auch Wege, Plätze, Brücken, Zäune, Brunnen, Backöfen, Fleischbänke, Schmieden, den Anger, den Dorfgraben der sogenannten inneren Allmende 11, die der Gemeinschaft gehörten und gehören. Auch die Gemeinschaft der Nutzenden, die ganze Dorfgemeinschaft oder Gemeinde, die Institution als solche oder sich aus dieser ergebende (Nutzungs-)Rechte können Allmende genannt werden 12, teilweise auch individuell genutzte Flächen 13, wie es auch Allmenden gibt, die einem Nutzer bis auf die Dauer seiner Lebenszeit zugeteilt und von ihm gesondert genutzt werden.

Wenn wir im Folgenden von der – auch allgemein 15 üblichen und mit der Etymologie in Einklang stehenden – Definition der Allmende als »gemeinschaftlich Genutztes«, meist Land, ausgehen, ist noch zu klären, wie sich die Gemeinschaft der Nutzenden definierte: Wer gehörte dazu und wer eben nicht, wer hatte Rechte und wer eben nicht? Denn der Wortsinn von Allmende engt sich, wenn er gemäß der historischen Realität präzisiert wird, von »allen zukommend« auf »allen Berechtigten zukommend« oder »allen zum ›Wir‹ Zählenden zukommend« ein. So gesehen steht das All in Allmende eben nicht für alle, es schließt im Gegenteil alle anderen aus.

Allmendberechtigte Gemeindegenossen 16 waren in der Regel nur die erbberechtigten männlichen Nachkommen der alteingesessenen und mit größerem Besitz (sogenannte Vollbauern) begabten Familien mit ehelicher Haushaltung 17. Alle anderen – Frauen, die im besten Fall indirekt durch ihren Ehemann teilhatten, nicht erbberechtigte Geschwister, Ledige, nicht Alteingesessene – von Neuzuzüglern gar nicht zu reden –, Bauern mit kleinem Besitz oder Tagelöhner, Ausmärker, Häusler 18, Katner 19, Stümpler 20 hatten keine Allmendnutzungsrechte. Uneheliche Kinder und deren Mütter wurden nicht nur von der Allmende ausgeschlossen, sondern sogar aus der Gemeinschaft als solcher und mussten ihr Leben als ständig vom Tod bedrohte Vaganten fristen 21. Wir sprechen hier von einer rund 900 Jahre währenden Zeitspanne zwischen dem 10. Jahrhundert, in dem sich die ältesten überlieferten Belege für die Institution der Allmende finden 22, und um 1800 23, als die den weitaus größten Teil der Bevölkerung stellenden Bauern 24 im Zug der sogenannten Bauernbefreiung 25 aus dem Rechtsstand der Unfreiheit, Hörigkeit und Leibeigenschaft 26 entlassen wurden.

Wer von uns Heutigen will und darf ­dar­über urteilen, was jene, die vor uns über das Land gefahren sind, unsere Vorfahren, im Umgang mit anderen Menschen für überlebensnotwendig hielten oder nicht? Der Mensch ist ein Hordenwesen, jeder Mensch Teil meist mehr als nur eines »Wirs«. Jedem »Wir« stehen »die Anderen« gegenüber. Fällt ein Rudel Schnecken über unsere Salatköpfe im Garten her, ist sofort klar, wer hier die berechtigten Allmendenutzer sind. Verstehen sich Leser der Zeitschrift Oya als Teil einer »kulturkreativen Bewegung« 27, stellt sich sogleich die Frage nach dem Umgang mit den »anderen«, die sich starrköpfig oder gar militant kultur-unkreativ verhalten.

Aber kehren wir zurück zur Allmende als gemeinschaftlich Genutztes (Land) im Gegensatz zu individuell Genutztem (Land). (»Allmende« und »Eigen « 28 sind sogenannte quellenmäßige Gegensätze, ebenso wie auch »offen alment« und »beschlossen guet« 29.)

Entgegen der im 19. Jahrhundert entstandenen und bis weit ins letzte Jahrhundert weitergetragenen Lehre 30 (die nebst für bürgerliche auch für Gesellschaftsentwürfe des Marxismus/Leninismus sowie des Natio­nalsozialismus herangezogen wurde 31 und teilweise bis in die Gegenwart nachwirkt 32), die die Allmende als Ausgangspunkt der Entwicklung des Privateigentums sowie dörflicher Raum- und Verbandsbildung oder gar Überrest einer genossenschaftlichen Agrar­verfassung ohne Privateigentum aus (»ur«-)germanischer Zeit anschauen wollte, wird sie heute als »Nutzreseve für Hof und Dorf«, »Randerscheinung des Nutzungsbedürfnisses«, »Sondererscheinung des innerdörflichen Nutzungsrechtes« und »sekundäre Wirtschaftsform« nebst der im Sondereigentum stehenden individuellen Hofhaltung mit den dazugehörigen Ackerflächen angesehen 33. Bader weist darauf hin, dass aufgrund begrifflicher Überlegungen von allgemeinem Gut nur im Gegensatz zu schon vorhandenem Sondergut 34 gesprochen werden kann35.

Belegt sind die Allmenden in den Quellen, unter anderen in den sogenannten Weistümern, Dorf- und Markordnungen des Hoch- und besonders des Spätmittelalters 36. Für frühere Zeiten dagegen ist selbst das Wort »kaum nachweisbar«37. Verschwinden die Allmenden seit 1800 durch ihre Auflösung zunehmend aus unserem Bewusstsein und Gedächtnis, unserer Sprache und unseren Wörterbüchern, so ist es die Landschaft selbst, die sie bis heute in vielen ihrer Orts- und Flurnamen bezeugt. 38 Wird von 1350 bis 1800 von der »klassischen Zeit der hoch regulierten Allmenden«39 gesprochen, so ist über ihre Entstehung nicht viel in Erfahrung zu bringen, außer, dass sie sich »seit der fränkischen Zeit 40 allmählich entwickelt« 41 haben.

Einer Zeit der hochregulierten Allmenden 42 ist wohl eine Zeit der niederregulierten Allmenden gegenübergestanden, als es mehr Land als Leute 43 gab 44. Die Frage, wessen Eigentum das in Besitz zu nehmende 45, einzufangende 46 Land 47 war, war schlicht irrelevant 48, worauf auch der etymologische Wortsinn des Worts eigen sowie die späte Entstehung des Worts Eigentum 49 und noch mehr die noch spätere Wandlung dieses Worts zur heutigen allgemeinen Bedeutung hinweist 50. Eigen bedeutete zunächst nichts anderes als »haben«, und besessen wurde das Land, indem man leibhaftig darauf saß und es nutzte. Durch eine dauerhafte Nicht-Nutzung konnte jemand sogar das Nutzungs- bzw. Besitz-Recht verlieren 51. »Keine Allmendgenossenschaft hat sich je mit der Frage abgemüht, ob sie ›Eigentümer‹ der Allmende sei, sondern immer nur um mehr oder minder ausschließliche Nutzung gerungen 52«. Die eigentliche (regulierte) Allmende war (noch) nicht nötig und wäre somit sinnlos gewesen53.Der Boden, die Arbeit oder Arbeitskraft waren noch keine Waren – bzw. die Fiktion, dass sie das seien (Polanyi), war noch nicht erschaffen. Den Menschen war das heutige allgegenwärtige Profitdenken unbekannt 54. Das Land und die Ahnen, die es prägten und von ihm geprägt wurden, und die hieraus entstandene Überlieferung bzw. Kultur waren Teil des weiter oben beschriebenen »Wirs« 55, das weder die Vereinzelung in der Massengesellschaft noch die angebliche oder wirkliche freie Entfaltung des Individuums kannte, dafür aber eine uns Heutigen unbekannte Art der Gemeinschaft 56, deren allererstes Gebot der in den Quellen immer wiederkehrende »gemeine Nutzen«57 war 58. Die Menschen der Zeit der Allmenden lebten in einer ganz anderen Welt, und viele unserer heutigen Begriffe sind dort nicht sinnvoll anwendbar. Vielleicht stellt genau deshalb die mit den Allmenden verbundene Weltsicht bedenkenswerte Fragen an unser heutiges In-der-Welt-Sein. 


Fußnoten
1 Für etymologische Ausführungen verzichten wir im Folgenden darauf, die benutzten gängigen Wörterbücher – falls ihre jeweiligen Erläuterungen vereinbar sind – detailliert anzuführen. 
2 Es finden sich auch die Formen: Almende; Allmend; Allmeinde, Almande; Allmeind; Allmeini; Allmein; Almeide; Allmei; Allmi; Allmid; Allmig; Allmand; Almund(e); Allmat; Almat; Almann; Allmänne; Almay; Almäny; Almy; Almen; Elmit; Allgemeine; Allgemeinde und die mundartlichen (wobei in der vorhergehenden Aufzählung wohl auch schon mundartliche Ausprägungen sowie ältere Sprachstufen erscheinen und der Übergang zudem fließend ist) alment; almed; almand; almine (alemannisch); elmed; almut; almuod (schwäbisch); allmeini (urnerisch); allmed (solothurnerisch); allmet; allmit; (berndeutsch); öllmet (bairisch); allme; almt (hessisch); ellemotha (niederdeutsch); almente; elmente; elmetha; allmuth (friesisch) (HWBSW; HWBDRG; DRWB; DWBNB; SCHWID, jeweils Stichwort »Allmende«; Grimm J. 1994, Bd. II, 11; Schwarz, Bd. II, 276; Keinath 93). 
3 Andere Wiedergaben der etymologischen Bedeutung sind »allen zustehendes Land; was allen gemein ist; Gemeindeland; Allgemeinheit«. Verschiedentlich wurde das Wort Allmende auch mit dem germanischen Stamm der Alamannen bzw. Alemannen »alle Männer; Gesamtheit der Männer« in Verbindung gebracht (Grimm J. 1994, Bd. II, 11; wobei wir den von Grimm zitierten Frisch, Bd. I, 17b, 19a, nicht so verstehen, dass er die Etymologie der Allmende mit dem Namen der Alamannen, sondern die -Institution der Allmende mit dem Namen in Verbindung bringt; des weiteren, dass die Franzosen die auf den Allmenden lebenden Deutschen Allemands nannten), nicht zuletzt wohl wegen des ebenfalls die Allmende bezeichnenden altnordischen almenning, welches »allen Männern (zukommend)« bedeutet. Im DWB ist unter dem Stichwort »Allmende« zu lesen: (die angeführten Wortformen) »weisen auf den alamannischen Volksnamen selbst zurück. Es war der Verein, die Gemeinschaft freier Männer, die sich in Wald und Weide zulängst erhielt«; und unter dem Stichwort »Allemann«: »wie aber in Allmende die Begriffe Allmann und Allgemein frühe sich mengten« (siehe hierzu relativierend: Grimm, J. 1880, 348). Nebst der bereits erwähnten und heute zumeist üblichen Deutung des Namens der Alamannen und den bereits aus der Antike stammenden Erklärungen »zusammengelaufene/vermischte Menschen; zusammengewürfeltes Mischvolk (Agathias, Historiae 6); die am (Fluss) Lemano (Genfersee) Wohnenden (lateinisch a (fluvio) lemano) (Isidor von Sevilla, Etymologiae IX 2)«, finden sich auch die Deutungen »Heiligtumshüter (Obermüller 199); Männer vom/im (Bundes-)Heiligtum (Rosenfeld 1955, 360 ff., mit Verweis auf: Steinberger Ludwig, Alamannen, Schwaben, Franken und Baiern, in: Zwiebelturm 1955 und Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 1954, die wir bisher nicht einsehen konnten, und 1960, 161 ff.; Boesch 89 ff., mit Verweis auf: Baumann Franz Ludwig, Schwaben und Alamannen, in: Forschungen zur schwäbischen Geschichte 1899, das wir bisher nicht einsehen konnten); Leute/Nachkommen des Mannus; Gesamtheit der Mannusabkömmlinge (DWB Stichwort »Allemann«; Krapp 22); herausragende/ausgezeichnete Männer (Schönfeld 8; Grimm, J. 1880, 348); zum Kampf geweihte Mannen (Hammerbacher 76); Sonnensöhne (List 101)«, wobei die Letztere hier nicht etwa aufgrund sachlicher oder gar ideologischer Wertschätzung seiner antisemitischen Hirngespinste, sondern der Vollständigkeit und der Ideengeschichte zuliebe Erwähnung findet. Bei all diesen Deutungen beziehungsweise Übersetzungen ist zu beachten, dass »Männer« auch für »Menschen« (beide Wörter entstammen der gleichen Wurzel) stehen kann. Der sogenannte Volksmund brachte das nicht mehr verstandene Wort Allmende nebst den Alamannen mit den Alimenten in Verbindung und deutete es entsprechend um (Keinath 93). 
4 (700–1100), mittelhochdeutsch (1100–1350) almende; al(ge)meinde. 
5 Sprachwissenschaftlich wird dasselbe über die erschlossenen germanischen Wörter ala; alla; alna; »all; ganz«, auf die ebenfalls erschlossenen indogermanischen Wörter alnos, »ausgewachsen; vollständig« (dieses zu al, »wachsen«) und auch al; ol, »darüber hinaus« zurückgeführt. 
6 Siehe hierzu: Schlechter, Doris: Der Bedeutungswandel des Wortes »gemein« im 19. Jahrhundert, Köln 1955; hierzu auch englisch mean in seinen Bedeutungen »gering; niedrig; schlecht«. 
7 Hierzu auch »meinen«, eigentlich »im Wechsel seine Meinung äußern«, und Meineid, eigentlich »vertauschter (und damit vorgetäuschter) Eid«. 
8 (Schmitt 2002, 26 ff.) führt ein gmein, welches wir bisher nirgends sonst erwähnt gefunden haben. 
9 Weitere Formen dieser Bezeichnung bei (Bader Bd. II, 138 ff.). 
10 Es finden sich auch Wendungen wie »gemein allmend« (1522), die anzeigen, dass der Sinn des Worts und je nachdem auch der Sache nicht mehr vollständig bewusst war (Bader, Bd. II, 128). 
11 (Bader Bd. I, 116 f.). 12 Johann Wolfgang Goethe verwendet Allmende im Sinn von »offene Straßen« in der Stadt, im solothurnischen kann es laut (SCHWID Stichwort »Allmende«) eine »öffentliche Dirne« bezeichnen. 
13 In der Fachsprache werden dieselben als »Sonderallmenden« bezeichnet; hierzu (Bader, Bd. II, 128); in Davos etwa werden alle Weiden, die nicht gemäht werden – unabhängig davon, ob sie individuell oder gemeinschaftlich genutzt werden – so bezeichnet. 
14 Beachtenswert auch Marquardts Argumentation, warum die (von anderen Autoren üblicherweise der individuellen Nutzung zugeschlagene) Feldmark in einem weiteren Sinn zur Allmende gezählt haben soll (Marquardt 19). 
15 Allgemein hier im Sinn einer Wissens-Allmende, von der Allgemeinheit so verstanden. 
16 Hier im eigentlichen Wortsinn »der die gleiche Nutznießung hat«, mittelhochdeutsch genoz, althochdeutsch ginoz(o) haben die gleiche Wurzel wie unsere heutigen »nutzen« und »genießen« (zur Vorsilbe ge- siehe weiter oben). 
17 (HWBSW, HWBDRG jeweils Stichwort »Allmende«). 
18 »(Tagelöhner) mit (eigenem) kleinen Haus«. 
19 »Der eine Kate (Hütte) besitzt«. 
20 »Der verstümmelt ist«, im übertragenen Sinn »Schwächling; Nichtskönner; (später) Pfuscher«. 
21 (Marquardt 19 f. und Bader Bd. I, 49 ff. und Bader/Dilcher 231); soziale Kämpfe zwischen Berechtigten und Unberechtigten werden als mitauslösend für die sogenannte Allmende-Ablösung angesehen (HWBDRG Stichwort »Allmende«); (Bader Bd. I, 49) schreibt in diesem Zusammenhang, dass im Lauf der Forschungsgeschichte je länger je mehr von der romantischen Vorstellung des allen Freien offenstehenden Gemeinlandes abgerückt werden musste, da die Quellen selbst ein anderes Bild ergeben. 
22 (LMA; HWBDRG jeweils Stichwort »Allmende«). 
23 Wobei die Ausschließungen in Zeiten von sich verknappendem Boden infolge zunehmender Bevölkerung (nicht vor dem Hoch-/Spätmittelalter) strenger gehandhabt wurden (Literaturbelege zu dieser Fußnote werden auf Anfrage gerne nachgeliefert). 
24 (Bader/Dilcher 230) gehen von 80 Prozent zur Zeit um 1800 aus. 
25 Siehe hierzu gleichnamiges Stichwort in (HWBDRG). 
26 Zu diesen drei sich weitestgehend überschneidenden Begriffen und deren Verwendung siehe (LMA, entsprechende Stichwörter). 
27 Den Begriff der Kulturkreativen prägte der US-amerikanische Soziologe Paul H. Ray (Ray und Anderson 2000). 
28 Dieses darf – um falschen Schlüssen vorzubeugen – keinesfalls einfach mit unserem heutigen Eigen(tums)-Begriff gleichgesetzt werden. 
29 (HWBSW Stichwort »Allmende«). 
30 Ausgehend von dem laut (Bader Bd. II, 130) »genialen, aber phantasiereichen und stärker mythischen als historischen Gedankengängen huldigenden« Justus Möser (Möser 1768 und 1775): Karl Friedrich Eichhorn (Eichhorn 1821), Georg Beseler (Beseler 1847), Georg Ludwig von Maurer (von Maurer 1856 und 1896), Otto von Gierke (von Gierke 1868), Heinrich Brunner (Brunner 1887), Hermann Wopfner (Wopfner 1912 und 1913), Josef Kulischer (Kulischer 1928); siehe hierzu (RGA und HWBDRG jeweils Stichwort »Markgenossenschaft«) und auch (Bader Bd. II, 33, 130 f.) und LMA Stichwort »Allmende«. 
31 (RGA und LMA jeweils Stichwort »Markgenossenschaft«); (Bader Bd. III, 296 f.) mit Verweis auf: Olowson A., Markgenossenschaftslehre und Marxismus, Zürich 1967. 
32 So zum Beispiel noch im (sich selbst so nennenden) Studienbuch! (Mitteis/Lieberich 1992, 28, 59); siehe hierzu auch (RGA und LMA jeweils Stichwort »Markgenossenschaft«), (Bader Bd. II, 33) spricht in diesem Zusammenhang gar von einer dauerhaften Verunstaltung der staatsrechtlichen Einschätzung der Gemeinde durch solche historisch unglaubwürdigen und methodisch verfehlten Vorstellungen und Rückprojektionen, sowie (Bader/Dilcher 59), wo die Vorstellung, das Eigentum am Nutzboden sei in allmählicher Einschränkung der allen offenstehenden Allmende entstanden, eine »utopische Rückverlegung agrarkommunistischer Wunschvorstellungen in eine dafür in keiner Weise geeignete Frühzeit« genannt wird (Marquardt 15); auch das (LMA Stichwort »Markgenossenschaft«) erwähnt die bis in die Gegenwart reichenden ideologischen Implikationen dieser »klassischen rechtshistorischen Auseinandersetzung«, und Bader fordert, dass dieselbe nicht zu einem dauernden Zankapfel zwischen älterer Rechtsgeschichte und jüngeren Zweigen der historischen Sozialwissenschaften werden darf. Er nennt die Lehre der altfreien Markgenossenschaft ein »Lieblingsthema« der deutschen Rechtsgeschichte (Bader/Dilcher 171). 
33 (Bader Bd. I, 49 ff. und Bd. II, 124 f.); (LMA Stichwort »Allmende«); relativierend (HWBDRG Stichwort »Markgenossenschaft«); (Zückert 1) bemerkt zum Gegensatz zwischen Sonder- und Gemeingut in der Einleitung zu seinem »Allmende-Buch«, dass sich die zur Allmende zählenden Areale »nach dem Stand der Landwirtschaft im Mittelalter sinnvoll nicht aufteilen« ließen; das (SCHWID Stichwort »Allmende«) vermerkt hierzu: »Hierher gehört wohl auch das Sprichwort ›Allmend gibt Elend‹, weil bloß auf die Allmende angewiesene oder auf diese sich verlassende Bürger leicht in Armut geraten«; dagegen das (HWBSW Stichwort »Allmende«): »Ein herabgekommenes Landarbeiterproleta-riat, wie es die Höfe- und Großgüterbezirke aufweisen, ist in den Allmendgegenden nicht möglich. Überhaupt lassen die Allmenden schroffe Unterschiede zwischen Arm und Reich nicht aufkommen.« 
34 Dies eine treffende Übersetzung unseres Worts privat von lateinisch privare mit den Bedeutungen »berauben; absondern«. Ebenfalls aufgrund begrifflicher Überlegungen kann von Diebstahl (»Eigentum ist Diebstahl«) nur im Gegensatz zu bereits vorhandenem Eigentum gesprochen werden. 
35 … und eben schon darum Sekundärerscheinung ist (Bader Bd. II, 126); an gleicher Stelle weist Bader aber auch darauf hin, dass sich solches Sondergut nur unzulänglich mit unserem heutigen Eigentumsbegriff umschreiben lässt. 
36 (RGA Stichwort »Markgenossenschaft«), diese Unterteilungen werden meist für die Epochen 1000–1250 bzw. 1250–1500 verwendet. 
37 (DWBNB Stichwort »Allmende«). 
38 So genügt bereits ein Blick in Müllers großes deutsches Ortsbuch (MDO), um fünf Allmend (zwischen 34 und 240 Einwohner), zwei Allmendsberg und je ein Allmendbühl, Allmendfeld, Allmendingen, Allmendshofen, Allmethofen, Allmut, Allmand, Allmandie zu finden, wobei die wesentlich häufiger vorkommenden Zusammensetzungen, die als Grundwort Allmende enthalten, mangels nötigem Erschließungsapparat leider nicht gut zu finden sind. Betreffs der Flurnamen beschränken sich viele Namenbücher lediglich auf eine Auswahl derselben; so erwähnt zum Beispiel das (ONBKB Stichwort »Allmend«) von den für das Bestimmungswort betreffenden Zusammensetzungen »nur« die »häufigen« mit -acher, -gasse, -gässli, -holz, -hubel, -matte, -moos, -bach, -bode, -rein, -ried, -strass, -teile, -wald, -weid; im von diesem Ortsnamenbuch behandelten Gebiet liegt auch die unauflöslich mit dem sogenannten Wunder von Bern verbundene Allmend. Nur durch die hierher führende Straße vom Wankdorf-Stadion getrennt, parkten (insofern sie damals schon ein Automobil besaßen) dort die Mitwirkenden und Teilhabenden desselben, und noch heute ist sie stadtbernisch allseits beliebter (da hügeliger) Rodel- bzw. Böbbelort und somit in aller Munde und Bewusstsein (und nicht nur eine, sondern »die« Allmend). 
39 (Marquardt 15). 
40 Darunter wird etwa die Zeit 250–900 verstanden. 
41 (RGA Stichwort »Allmende«); (LMA Stichwort »Allmende«), (Marquardt 15) vermerkt hierzu lediglich, dass in Phase 1 (vor 950) seines Fünf-Phasen-Modells, in das er die Geschichte bzw. die Epochen der mitteleuropäischen Allmende gliedert, die (Wanderfeld-)Bauernkulturen noch keine hochregulierten Allmenden kannten. 
42 Diese sind uns bezeichnenderweise vor allem wegen der um sie entstandenen Streitigkeiten in den dieselben regelnden Gesetzestexten überliefert; (Bader Bd. I, 50) stellt die zahllosen, das bäuerliche Leben des Mittelalters belastenden Streitigkeiten das Gemeinland betreffend in den Gegensatz zu den sich meist reibungslos abwickelnden Wirtschaftsvorgängen in Dorf und Ackerflur; siehe hierzu und in einem gewissen Sinn auch dagegen (Bader Bd. I, 57), dass, solange Hofbauern das Bild des Dorfs bestimmten, auch um die Allmenden keine wesentlichen Streitfragen entstanden. 
43 Siehe die von Matthias Fersterer hier in der Zeitschrift auf Seite 34–38 formulierte Sichtweise, dass nicht nur das Land den Menschen, sondern auch die Menschen dem Land gehören. Hierher gehört auch die Frage, ob jemand, der einem anderen leibeigen ist, überhaupt Eigentum in unserem heutigen Sinn besitzen kann. 
44 (Bader Bd. II, 126) spricht von einem »zögerlichen Übergang zu geregelter Gemeinnutzung«. 
45 Hierzu das Wort und der Begriff Landnahme, denen Bader ein ganzes Kapitel widmet (Bader/Dilcher besonders 19 ff.), und der Brauch des Umgangs und Umritts. 
46 Hierher gehören die sogenannten Einfänge und Bifänge. 
47 das (HWBDRG Stichwort »Markgenossenschaft«) spricht von »herrenlosem Wildland, das im Überfluss vorhanden ist«, (Marquardt 15) von »Waldfreiheit«. 
48 Diesbezüglich wäre es lohnend, die Eigentumsbegriffe verschiedener Gesellschaften kennenzulernen – Germanen mit den drei vielzitierten und umstrittenen Stellen bei Tacitus (Germ. C. 26) und Caesar (Gall. IV 1 und VI 22), Kelten, aber auch primordiale und andere Kulturen – und auch solche außer Mode gekommenen Begriffe wie die Gewere. 
49 Egendom im 13. Jahrhundert. 
50 Siehe hierzu (Bader Bd. I, 39 und Bader/Dilcher 60), der bemerkt, dass, obwohl immer wieder betont würde, der Begriff des »strengen« Eigentums sei der älteren Rechtsstufe unbekannt gewesen, nichtsdestotrotz versucht wird, solches nachzuweisen; auch (Zückert 1) stellt bereits in der Einleitung seines »Allmende-Buchs« die Frage, ob man für die Besprechung der Allmende »den Eigentumsbegriff überhaupt verwenden will«. 
51 Hierzu solche Merk-/Sprichwörter wie: »Was in zehn Jahren nicht gedüngt ist, Busch und Berg, das soll gemeine Weide sein« oder »Wenn das Holz reicht dem Ritter an den Sporn, hat der Bauer sein Recht verloren«, beide (leider ohne Quellenangabe) bei (Zückert 9). 
52 (Bader Bd. II, 12), in diesem lesenwerten Abschnitt erörtert Bader sehr schön die Begriffe des Eigentums und der Nutzung und setzt sie in ein historisch sinnvolles Verhältnis. 
53 Das (HWBDRG Stichwort »Allmende«) erwähnt darüber hinaus noch eine politische Irrelevanz der Allmende in Zeiten kleiner Gemeinden. 
54 Ebenso wie ein Markt, der die Gesellschaft bloß als Anhängsel behandelt (Polanyi 88). 
55 (Bader Bd. I, 49) beschreibt, wie die Flur durch die Auflösung der alten dörflich-bäuerlichen Nutzverbände zur bloßen Nutzware wurde. 
56 Seien sie nun mit dem umstrittenen und für heutige ideologische Auseinandersetzungen herhaltenden Begriff der Markgenossenschaft (siehe weiter oben), dem lange Zeit wenig beachteten der Landschaft (Blickle 1973) oder dem neuerdings entstandenen der lokalen Herrschaft (Marquardt 14) bezeichnet. 
57 Dessen »andere Seite« – wie in traditionalen Gesellschaften üblich (Polanyi 225) – war, dass niemand verhungerte (oder alle verhungerten); auf dieses genossenschaftliche Grundprinzip »einer für alle, alle für einen« weist auch (Zückert 3) hin. 
58 (Zückert 1 und Marquardt 14); nur von diesem zentralen Begriff des gemeinen Nutzens ausgehend, können wir wohl auch die dazugehörigen Eigentumsbegriffe wirklich begreifen und verstehen. 


Die Oya-Redaktion bedankt sich herzlich bei der Wirkstätte für das Alte Wissen »Menhir« in Bern für diese umfangreiche Recherche!


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